Ansprache

Am Montag stand ein Tagesausflug nach Kamakura auf dem Programm. Wir sind morgens etwas träge und so verließen wir das Hotel Edoya erst gegen elf Uhr. Bis wir dann zur Haltestelle Akihabara gelaufen sind und schließlich in den Zug einsteigen, ist es schon halb zwölf und dann liegt noch eine Stunde Fahrt vor uns.
Sie führt uns wieder Richtung Yokohama, doch diesmal darüber hinaus nach Süden und um halb eins erreichen wir Kamakura.
20151026-Kamakura-Nikon-03Der Ort war in grauer Vorzeit einst auch einmal Hauptstadt Japans, verlor diesen Status aber schnell wieder an Kyoto. Er ist bekannt für seine Tempel und wir sind sozusagen auf Entzug.
Aber vor der Kultur kommt das Gelüscht und so landen wir als erstes in einer Bäckerei, die französisches Gebäck anbietet. Hier ist das Risiko auf Bohnenpaste zu beißen, deutlich geringer ist als sonst wo. Nichts gegen Bohnenpaste -aber es gibt für Süßes so viel besseres unter dieser Sonne…
Dass der Ort sehr touristisch ist, das erkennen wir auf den ersten Blick. Der Weg zu den ersten Sehenswürdigkeiten führt durch ein Spalier von Restaurants, Souvenir- und anderen Schnickschnackläden. Und obwohl heute Montag ist, ist die Straße sehr dicht bevölkert.

Mitten in der vollen Einkaufsstraße werden wir plötzlich von einem älteren Mann angesprochen, der sein Fahrrad durch die Menschenmenge schiebt. Dies ist sehr ungewöhnlich, war uns dies in den zurückliegenden Wochen so gut wie nie passiert. Ganz anders als in den USA.
20151028-Narita-Lumix-01„Excuse me“, beginnt er seinen Satz und fragt vorsichtig an, ob er uns ansprechen dürfe.
Er stellt sich uns mit seinem Namen vor und erklärt, er sei 73 Jahre alt und habe vor fünf Jahren damit begonnen, Englisch zu lernen. Dann zieht er aus seiner Aktentasche einen DIN A 4 großen Pappkarton und drückt ihn uns in die Hand. Dieser ist von ihm in englischer Sprache beschrieben und erklärt sein Anliegen. Er ist an Briefkommunikation interessiert und möchte sich so mit anderen austauschen und dabei sein Englisch verbessern. Er schreibt: „It is my dream for a long time to receive an English letter from someone.“
Als wir den Pappdeckel durchgelesen haben möchte ich ihn ihm zurückreichen. Doch er wehrt ab und ergänzt: „Keep it with you. Maybe some day you remember meeting me here.“
Sprachs und setzte seinen Weg nach höflicher Verabschiedung fort.
Ich werde ihm wohl die eine oder andere Karte senden, auch wenn er erst einmal nicht antworten kann, da ich momentan ja ohne Anschrift bin.

20151026-Kamakura-Nikon-10In Kamakura hat sich der Zen-Buddhismus gehalten und so wird in einigen der Jahrhunderte alten Klosteranlagen Zazen, also sitzende Meditation angeboten. Allerdings nur zu den Randzeiten des Tages. Schade, dass wir erst jetzt davon erfahren.
Aber auch so sind die Kloster ein Ort der Ruhe und da wir ja so spät dran sind, ist der Großteil der Besucher auch schon durch.
Es reicht uns dann auch nur zu zwei der Klöster, doch die haben uns einen schönen Eindruck vermittelt.

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Hamburg!

Wir sind wieder zurück in Tokyo und werden uns die letzten Tage in Japan mit Tagesausflügen vertreiben. Noch gilt unser Japan Rail Pass und so brachen wir heute Morgen auf, um Yokohama zu erkunden. Okachimachi heißt unsere Haltestelle und dem Schaffner macht dieser Name wohl auch viel Spaß, „OOO – Katschi – Matschi“ ruft er freudig ins Mikrofon, sobald ein Zug hält. Wir steigen ein, es ist eher ein S-Bahn, freuen uns, dass wir einen Sitzplatz finden und fangen an zu lesen. Nach einer Dreiviertel Stunde meinen wir, „Yokohama“ verstanden zu haben und verlassen den Zug. Am Bahnhof wirkt alles noch recht asiatisch, aber dann merken wir, dass wir zu weit gefahren sind. Wir sind in Hamburg gelandet!

Immer an der Elbe entlang entdecke ich als erstes die Köhlbrandbrücke. Haben sie sie doch nicht abgerissen, die guten Hamburger!20151024-Yokohama-Nikon-04

Und da, die Speicherstadt! Und die HafenCity!20151025-Yokohama-Lumix-15

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Aber dann das größte Wunder: die Elbphilharmonie ist fertig! Toll gemacht, Hamburg!

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Wir setzen unseren Rundgang weiter fort, in der Ferne leuchtet die grüne Kuppel des Michel.

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Wollt Ihr mir nicht glauben, was? Aber ich kann’s beweisen!!!! Ein Original Hamburger Bierkrug!!!

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Vergrößert für die letzten Zweifler

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Mr. Sorry und das japanische Meer

Kinosaki ist sehr erholsam, lang schlafen, durch den Ort wandeln, Fisch essen und abends baden gehen, mehr passiert eigentlich nicht. Nur am ersten Tag, da hatten wir volles Programm. Unser Vermieter, dessen englischer Wortschatz vorwiegend aus dem Wort „Sorry“ besteht, hatte uns angeboten, mit uns ans Meer zu fahren.

Sorry, sorry, sorry, war das erste, was wir 20151022-Kinosaki-Lumix-57von ihm hörten, als wir ein paar Minuten nach unserer Ankunft warten mussten, weil er noch unterwegs war. Dann sorry, dass es lediglich im Erdgeschoss eine Hightech-Toilette gibt und im ersten Stock nur traditionelle Stehklos. Sorry, dass er morgens nur Kaffee zubereitet und wir uns unser Frühstück im Supermarkt gegenüber holen müssen. Sorry, dass er unsere Schuhe aufgeräumt hat, uns den Zettel mit dem W-LAN-Passwort zu spät gab und natürlich sorry, sorry, sorry für die Nachtbaustelle.

20151020-Kinosaki-Nikon-37Am Steuer seines gelben Flitzers zeigt er sich dann etwas selbstbewusster und so begeistert von der schönen japanischen Landschaft, dass er ab und zu mal auf die Gegenfahrbahn gerät – sorry.
Das Meer – „Japanese sea“, 20151020-Kinosaki-Nikon-15wie er es uns präsentiert – ist nur ein paar Kilometer weg. Zuerst geht es über schwarzwaldähnliche Hügel und dann liegt es vor uns: wild und wunderbar blau. Ein paar Fischerdörfer, die Strände menschenleer, zerklüftete Buchten und kleine Inseln.
Er führt uns zu einer Grotte, die nach beiden 20151020-Kinosaki-Nikon-19Seiten offen ist. Die Steine sind etwas glatt, auf dem Rückweg rutscht er aus und fällt hin – sorry! 20151020-Kinosaki-Nikon-32

Nach jedem kurzen Stopp wird die nächste Attraktion angekündigt und bei der letzten: sorry, the tour is over. Als wir zurück zum Hotel kommen, wartet ein neuer Gast vor der Tür. Er stürzt aus dem Auto und rennt zum Eingang: sorry, sorry, sorry!

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Der Blinkemann

20151021-Kinosaki-Lumix-11Kinosaki Onsen ist ein kleiner Ort nördlich von Kobe, der schon im Namen trägt, worum es hier in erster Linie geht: um Onsen, also die japanischen Bäder mit dem wohltuenden heißen Wasser.
Und so ist Kinosaki Onsen auch tatsächlich ein wenig wie ein Kurort bei uns. Er lebt vor allem durch den Tourismus, denn Japaner lieben das Bad in den heißen Quellen. Dass man als Unkundiger dabei so einiges falsch machen kann, davon haben wir ja bereits berichtet. Aber wir sind mittlerweile ganz gut darin, uns korrekt zu baden. Die Hauptvoraussetzung, nämlich nicht tätowiert zu sein, die bringen wir ja glücklicherweise sowieso mit.

20151022-Kinosaki-Lumix-38Als wir nach längerer Zugreise abends im Ort ankamen, wurden wir vor dem Bahnhof gleich von einer jungen Dame abgefangen und dazu befragt, in welcher Unterkunft wir bleiben würden. In jedem anderen Land hätten wir sofort Schlepper dahinter vermutet, die uns irgendetwas andrehen wollen oder uns berichten, dass gerade gestern das Hotel leider abgebrannt sei, sie aber natürlich Ersatz wüssten. Hier in Japan ist ein solcher Gedanke aber komplett abwegig. Also schauten wir, auch wenn es gerade begann zu tröpfeln, auf der Bestätigungsmail nach dem Namen der Unterkunft und teilten ihn ihr mit. Daraufhin erklärte sie uns freudig, wie wir dort hin kommen würden, nämlich in nur fünf Minuten zu Fuß gerade aus, über die Ampel, über den Fluss und dann rechts. Dann drückte sie uns zwei Regenschirme in die Hand und  verabschiedete sich. Wir waren baff!
20151022-Kinosaki-Lumix-57Unsere Unterkunft ist eine traditionelle Pension, also wieder mit Tatamimatten auf dem Boden, zwei Futonmatratzen darauf, Papiertrennwände zur Fensterfront hin und jeder Menge Hausschuhe für verschiedenste Zwecke. So zieht man selbstverständlich die Straßenschuhe unmittelbar nach überschreiten der Türschwelle aus und schlüpft in ein Paar bereitstehende Pantoffeln. Dann gibt es aber auch noch separate Pantoffeln direkt vor den Gemeinschaftstoiletten, denn es wäre ja unhygienisch mit den selben Latschen das Stille Örtchen zu betreten, in denen man im Rest des Hauses unterwegs ist.
20151020-Kinosaki-Lumix-0220151020-Kinosaki-Lumix-04Unser Gastwirt versorgte uns zunächst mit einem selbstgebrühten Kaffee und zeigte uns dann unser Zimmer, das ungewöhnlich groß ist, sicher um die 45 qm. Und er brachte uns japanische Kleidung, die aus vier Teilen besteht: Einem langen Gewand, das man um sich wickelt, einem Gürtel, mit dem man dieses umfasst, einer kurzen Jacke mit weiten Ärmeln und einem Paar Socken, das einen separaten Platz für den großen Zeh vorsieht. -Ach ja, dazu gehören dann aber noch zwei weitere wichtige Utensilien: ein kleiner Henkelbeutel, in den man die Dinge verstaut, die man im Bad dabei haben muss, und natürlich Holzflipflops.
Angetan mit dieser Robe ziehen dann abends ca. 90 % der Menschen durch die Straßen des Ortes, gehen essen, einkaufen und besuchen vor dem Schlafengehen ein Onsen . Der Ort ist erfüllt vom Klick-Klack, Klick-Klack der Holzschuhe -fast klingt es ein wenig nach Tischtennis.

KinosakiZur Fensterfront haben wir in unserem Zimmer eine sehr nette Sitzgelegenheit und so nutzten wir am ersten Abend nach getaner Badearbeit (das strengt ganz schön an) diesen Kinoplatz für ein Bierchen und einen abendlichen Snack.
Wir saßen also gemütlich und schauten den vorbeiziehenden Menschen von oben zu, als uns plötzlich ein Mensch auffiel, der sich genau gegenüber, auf der anderen Seite des Flüsschens postierte. Es war gegen 21:45 Uhr, dass er uns das erste mal ins Auge sprang, denn plötzlich leuchteten an seiner Weste V-förmig angeordnete rote Lichter auf – das Blinkemännchen war geboren!
20151021-Kinosaki-Lumix-36Er trägt einen blauen Overall und hat einen weißen Bauarbeiterhelm auf dem Kopf. Wichtig sind auch die weißen Handschuhe und der Zauberstab in der Hand, der auch rot blinken kann. Sofort ist klar: Hier agiert ein Offizieller.
Und so war Julias Freude groß, sah sie doch, dass er Punkt 22:00 Uhr damit begann, die Straße mit Verkehrshütchen abzusperren. „Das ist ja mal klasse, dass die abends dann den Verkehr beruhigen. Ist ja auch eine Bäderstadt.“
Aber halt!
Was ist das?
Da kommt doch tatsächlich ein Kleinlaster angefahren und will noch durch die Absperrung hindurch. Und darf das sogar. Da hat er aber Glück gehabt!
Hm, noch einer – und auch der darf passieren, nur um zu wenden und sofort wieder in die gesperrte Straße einzufahren.
Ein Mann schiebt sich der Szenerie heran und ein Gefährt vor sich her, das eindeutig ein Generator auf Rädern ist und auf dem, aaaaah!, wir sind geblendet!, ein grell weiß leuchtender Ballon erstrahlt, der nicht nur den gegenüberliegenden Schauplatz mit einem synthetischen Licht überzieht. Die Fische im Flüsschen springen unmittelbar darauf an und vollführen Luftsprünge – womöglich hat sich ihnen hier die Möglichkeit für ein abendliches Festessen aufgetan, da sie die verblendet der weißen Kugel überall hin folgenden Motten nur einfach so herunterpflücken müssen.
Innerhalb von fünf Minuten fahren dann noch zwei Kinosaki1Bagger auf. Und innerhalb von zehn Minuten ist die Baustelle nicht nur eingerichtet, sondern es wird bereits der Asphalt aufgerissen.
Nichts von wegen Verkehrsberuhigung für den erholsamen Schlaf der Feriengäste – eine Nachtbaustelle wurde uns vor die Nase gesetzt!
Aber wen stört’s? Hätten wir uns zuhause maßlos aufgeregt, so sind wir mittlerweile sehr entspannt und können nur darüber schmunzeln. Unseren Schlaf hat es nicht gestört. Seltsam – doch nur eine Frage der Einstellung?

Jedenfalls haben wir am nächsten Morgen von einem anderen deutschen Tourist beim Frühstück erfahren, dass die Arbeiten bis in den Morgen andauerten.
Was aber erstaunlich ist: Was hier in einer Nacht geschieht, das hätte bei uns sicher zu einer mindestens einwöchigen Baustelle mit allmorgendlichen Behinderungen und Langzeitbelästigung geführt.

Reisen strengt an

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Wir sind nun ziemlich genau 11 Wochen, also 77 Tage unterwegs. Und wir waren fast immer auf Achse, schliefen in was weiß ich wie vielen Betten oder auf Matten. Und wir merken, dass wir ein wenig müder werden. Es strengt zurzeit zunehmend an, wenn wir jeden Tag damit verbringen, ca. 10 km auf Asphalt zu gehen.
20151019-Miyajima-Nikon-35Und so stehen wir momentan morgens eher später als früher auf und sind dann doch schon gegen acht oder spätestens halb neun am Abend im Zimmer. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Reisenden haben wir ja den Vorteil, dass wir einfach immer noch einen Tag dran hängen können, wenn wir noch was sehen oder uns entspannen wollen.
So ist es uns auch mit Hiroshima ergangen, wo wir eigentlich erst einmal für zwei Nächte gebucht hatten, gestern aber eine weitere Nacht dazu nahmen, um dann heute den Tagesausflug nach Miyajima zu unternehmen, was auch den Vorteil mit sich brachte, dass wir die an einem Sonntag zu erwartenden Besuchermassen umgingen.
Und so war es denn auch heute am Montag nicht sonderlich voll in diesem nächsten Weltkulturerbe, das auf der Insel Miyajima  unweit der Festlandküste liegt. Es handelt sich dabei um ein ganzes Areal, in der Hauptsache aber den Schrein von Itsukushima. Dazu gehört auch ein im Wasser vor der Insel stehendes großes Torii, also tatsächlich ein Tor, wie sie in Japan sehr häufig bei Schreinen oder Tempeln zu sehen sind. Dieses hier beeindruckt aber gerade dadurch, dass es vor dem Schrein inmitten des Wassers errichtet wurde und sich da nun leuchtend orange vom Blau des Meeres absetzt.20151019-Miyajima-Nikon-2620151018-Miyajima-Nikon-04

 

 

 

 

 

20151019-Miyajima-Nikon-38In diesem Schrein fand denn heute auch eine der traditionellen Hochzeiten statt, dieses mal aber eine zwischen einer Japanerin und einem Deutschen, so dass sich in der für alle einsehbaren Halle eine deutsche und eine japanische Familie gegenübersaß, alle mit sehr ernster Miene. An der Brüstung zur Halle versammelten sich immer mehr Touristen, vor allem chinesische, die nun nicht gerade mit Dezenz brillieren, so dass sich ein für eine europäische Trauung nicht vorstellbare Lärmkulisse aufbaute und die Festgesellschaft nun aber immerhin in so manchem Bildervortrag in aller Herren Welt auftauchen dürfte (so wie auch hier bei mir in dem Hochzeitsbild rechts ohne Hochzeitsgesellschaft). Ein nachhaltiges Erlebnis dürfte es für die Brautgesellschaft allemal gewesen sein.

20151019-Miyajima-Nikon-64Einen weiteren Tempel steuerten wir dann noch rein intuitiv an. Oder aber, er zog uns an, so wie er da auf halber Höhe des heiligen Berges Misen saß.20151019-Miyajima-Nikon-67
Und es hat sich gelohnt! Der Daisho-in ist eine Ansammlung verschiedenster Gebäude, die sich rechts und links eines Pfades, der sich den Hang entlang nach oben windet, versammeln. In ihnen und um sie herum stehen unglaublich viele Heiligenfiguren aber auch Dämonen, die alle unterschiedlichen Glaubensrichtungen zugehörig sind. Dominiert natürlich von verschiedenen Ausprägungen des Buddhismus, sei es tibetanisch, shintoistisch, thailändisch oder chinesisch. Man findet dort aber schon auch mal einen christlichen Engel.

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Hiroshima

Es gibt Orte, deren Namen einen erschauern lassen. So wie Guernica oder Auschwitz. Japan hat gleich zwei davon: Hiroshima und Nagasaki, rechnet man noch Fukushima dazu, sind es sogar drei. Und in Hiroshima sind wir jetzt seit20151017-Hiroshima-Nikon-40 zwei Tagen.  Und es ist eine sehr lebendige, lebenslustige und freundliche Stadt, von Flüssen durchzogen, mit breiten Einkaufsstraßen, einer Burg und dem schönen Friedenspark. Und nur dort und an einigen wenigen anderen Stellen wird man mit dem Grauen konfrontiert, das hier vor 70 Jahren stattgefunden hat.

Am 6. August 1945 explodierte 600 m über 20151017-Hiroshima-Nikon-03der Stadt eine Atombombe und zerstörte 80% der Stadt. In der Kernstadt blieben nur einzelne Gebäude stehen, so das damalige Handelszentrum, das als „Atomic Bomb Dome“ erhalten wurde und heute Friedensdenkmal ist. Es ist der erste Gedenkort, den wir besuchen, eine Ruine an einem idyllischen Ort, am Ende einer Einkaufsstraße direkt am Fluss gelegen, mit Blick auf den Friedenspark. Erst die Informationstafeln nehmen einem den Atem: hier ist es passiert, die nahegelegene Brücke über den Fluss diente den Bombern als Orientierung.
Vor hiroshima4der Absperrung hat ein Mann seinen Stand aufgebaut, er trägt ein Schild mit der Aufschrift „Survivor“, er hat Berichte über den 6.8.1945 in allen möglichen Sprachen ausgelegt und will dem Grauen ein Gesicht geben.
Wir gehen weiter am Fluss entlang und überqueren ihn an der nächsten Brücke in Richtung Friedensmuseum. Eigentlich ist uns gerade nicht danach, zu eindrücklich war schon der A-Bomb Dome, aber dann gehen wir doch hinein. 50 Yen kostet der Eintritt, das sind etwa 30 Cent, dafür bekommt man auch noch eine Postkarte aus recyceltem Papier, das aus den vielen tausend Papierkranichen, die Hiroshima jedes Jahr erreichen, hergestellt wurde. Die Karte soll man mit seinen Eindrücken beschriften und verschicken, eine schöne Idee. Wen interessiert, was es mit den Papierkranichen auf sich hat, der sollte sich die Geschichte von Sadako Sasaki durchlesen.

Im Museum sind fast nur persönliche und Alltagsgegenstände ausgestellt: die Kleider von Opfern, eine zerschmolzene Taschenuhr, in die 20151017-Hiroshima-Nikon-24sich die Zeiger auf viertel nach acht eingebrannt haben, ein Klumpen ineinander verschmolzener Gläschen, die aus einem Keller geborgen wurden. Zu jedem Gegenstand wird eine kurze Geschichte erzählt, zum Beispiel, wem die Jacke gehörte, deren Fetzen man betrachten kann, wo ihn die Bombe antraf, dass er es danach noch nach Hause schaffte, dann aber dort starb. Die Ausstellungsweise des Museums ist wohl umstritten, aber sie lässt die einzelnen Menschen hinter der unglaublichen Opferzahl aufscheinen. Es sind sehr ergreifende Geschichten und mir fällt auf, dass die Japaner ihre teilweise sehr kleinen Kinder mit in die Ausstellung genommen haben und ihnen genau erklären, was in den Auslagen zu sehen ist. Friedenserziehung fängt hier sehr früh an.

20151017-Hiroshima-Nikon-17Nach dem Museumsbesuch gehen wir durch den Friedenspark, ein schön gestalteter Ort. Ein Rundbogen, durch den man die hiroshima6ewige Flamme und den Atomic Bomb Dome sehen kann, Grünflächen, das Denkmal für den Weltkinderfrieden. Die gesamte Anlage hat etwas sehr versöhnliches, getragen von dem unbedingten Willen, so etwas nie wieder passieren zu lassen.

Irgendwann wollen wir wieder ins Leben zurück. Die sprudelnde Lebendigkeit des neuen Hiroshima ist genau das Richtige. Wir stürzen uns in die Einkaufsstraßen, freuen uns noch mehr über die hinreißenden japanischen Kinder und finden zum Abschluss des Tages das beste Sushirestaurant (und wir hatten ja schon phantastische…).

Am nächsten Tag lassen wir es langsam angehen, wir schlafen lange, frühstücken gemütlich und bummeln dann durch die Straßen. Gegen Spätnachmittag machen wir uns auf zur Burg von Hiroshima. Hiroshima2Ein klassisch japanischer Bau, dem man nicht ansieht, dass er erst Mitte des 20. Jahrhunderts errichtet wurde. Und dann werden wir wieder darauf gestoßen, dass dies kein normaler Ort ist, auch wenn alles so normal scheint: die Informationstafel beschreibt nüchtern, dass es sich um den Wiederaufbau des Schlosses aus dem 16. Jahrhundert handelt, das bei der Atombombenexplosion zerstört wurde. Es gibt Orte, die es nicht zulassen, dass man dem Schauern entkommt.hiroshima3

Bahntastisch

20151013-Kagoshima-Lumix-02Heute habe ich einen Fensterplatz, der bei jeder Station genau bei dem Mann zum Stehen kommt, der auf dem Bahnsteig ein Pult mit Monitoren und Schaltern stehen und von dort aus alles unter Kontrolle hat.
Es läuft an jedem Bahnhof immer gleich und ritualisiert ab: Wie ein Dirigent vor seinem Orchester gibt er über seine Hände Signale in alle Himmelsrichtungen, dreht sich um die eigene Achse, wirft Blicke auf die Monitore, blickt schnell auf die Uhr, spricht kurz in sein Walky-Talky, dreht sich wieder um, gibt erneut Zeichen in Richtung der beiden Zugenden und dann legen wir ab, während er noch einmal auf die Uhr blickt.
Eine einstudierte Choreographie.

Immer wieder bin ich fasziniert von der Pünktlichkeit und dem kurzen Takt mit dem die Züge hier fahren. Schlimm eigentlich, dass einem dies, aus Deutschland kommend, hier als positiv auffällt. Grüßle an die Deutsche Bahn…
Übrigens: Die Bahn in Japan ist privatisiert und in verschiedene Regionen mit diversen Betreibern unterteilt. Und dennoch greift scheinbar ein Rädchen ins andere.

Satt und sauber

Nur eine Stunde braucht der Shinkansen für die fast 180 Kilometer von Kagoshima nach Kumamoto. Vier Stopps auf der Route, aber die werden in Windeseile abgewickelt, die Anzeige im Zug macht das auch deutlich: This train will soon make a brief stop. Kurzer Stopp, klar? Rein, raus, weiter!

Der Bahnhof von Kumamoto liegt abseits der Innenstadt 20151016-Kumamoto-Nikon-67und so kommen wir in den Genuss einer Straßenbahnfahrt. Wir fragen den Schaffner, ob der Wagen in die Innenstadt fährt, ja, sagt er, und drückt uns eine Broschüre in die Hand, mit allen wichtigen Informationen  über das Straßenbahnfahren. Zum Beispiel, dass man beim Aussteigen zahlt und zwar unabhängig von der Strecke 150 Yen (etwa 1,10 Euro). Die Haltestelle im Stadtzentrum wird sogar auf englisch angesagt und so stehen wir eine Viertelstunde später genau da, wo wir hin wollten. Das Hotel ist schnell gefunden, einchecken geht ja nirgendwo vor nachmittags, aber das Gepäck können wir dort lassen. Also auf, Kumamoto zu erkunden.

Wir sind wegen der 20151015-Kumamoto-Nikon-06Burg hier und
die ist 20151016-Kumamoto-Nikon-17schnell gefunden. Eine sehr ordentlich befestigte Anlage mit Wallgraben und massiven Steinmauern, eben eine20151015-Kumamoto-Nikon-14 echte 20151016-Kumamoto-Nikon-29Burg. Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut, 20151015-Kumamoto-Nikon-04Ende des 19. Jahrhunderts teilweise
zerstört und in den sechziger Jahren restauriert. Und das haben si20151016-Kumamoto-Nikon-37e ganz schön hingekriegt, von außen ein echtes japanisches Idyll, im Inneren des Palastbereichs wunderbare Wandgemälde.

Und gut unterhalten werden wir auch noch, 20151016-Kumamoto-Nikon-42eine kleine Tanzaufführung von modernen Samurai, die uns am Ende ihrer Show auf englisch grüßen, kostümierte Figuren
aller Art, denen man ein Gesicht geben kann 20151016-Kumamoto-Nikon-18und viele freundliche Japaner.
Das alles reicht für einen äußerst vergnüglichen
Nachmittag, der dann aber wegen akuten Hungers einen 20151016-Kumamoto-Nikon-62Ortswechsel notwendig macht. Zum Glück ist die Burg ja mittendrin in der Stadt und so ist es nicht weit zur Fußgängerzone. Diesmal muss es aber ein Restaurant mit englischem Menü sein, Spezialität in Kumamoto ist Pferdefleisch und das möchten wir dann doch vermeiden. So landen wir in einem Restaurant, das ein ganz ansprechendes Menü ausgehängt hatte und stehen als erstes vor zwei Automaten, 20151016-Kumamoto-Nikon-68die die Speisekarte in mehreren Sprachen anzeigen. Wir hatten das in Tokio mal von außen in einem Nudelrestaurant beobachtet, auswählen und zahlen am Automaten und dann im Restaurant essen. Wir schieben 1000 Yen in den Automaten, wählen aus, bekommen kleine Tickets und das Wechselgeld ausgespuckt. Jetzt sind wir doch ein bisschen skeptisch, ob das lecker sein wird, wirkt ja schon sehr wie ein seelenloses Schnellrestaurant. Am Tisch nimmt uns die freundliche Bedienung die Tickets ab und nach kurzer Zeit haben wir jeder ein Tablett mit sehr feinen Dingen vor uns, die äußerst lecker schmecken. 20151016-Kumamoto-Nikon-69Klasse!

Nachtisch gibt’s dann immer beim SevenEleven, wir bleiben klassisch bei Schokolade und können süßen Rote-Bohnen-Pasten und buntem Glibber – den traditionellen asiatischen Desserts – nicht viel abgewinnen. Rundum satt steuern wir auf unser Hotel zu, in dem hilfreiche Geister unser Gepäck schon auf’s Zimmer gebracht haben. Aber hier halten wir uns nicht lange auf – im 13. Stock gibt es ein Onsen, ein traditionelles Bad. Also rein in den bereitgestellten Hausanzug 20151016-Kumamoto-Lumix-01und die Schlappen und ab ins Wellnessparadies. So guuuut! Erst eine aufwändige Reinigungszeremonie mit wohlduftenden Essenzen, dann ab ins warme Bad, kurz eingetaucht ins kalte, hinein in die Sauna , wieder kalt und dann noch mal lange warm. im Außenbecken Das Ganze in stimmungsvollem Halbdunkel, mit dezenter traditioneller Musik, herrlich. Schade nur, dass ich die angebotenen duftenden Lotionen wieder mal ausschlagen muss – in Asien mischt man gerne „Whitening“ in die Creme und meine schöne Hawaiibräune will ich mir erhalten. Satt, sauber und zufrieden lasse ich mich in’s Bett fallen. Vielleicht träume ich ja vom Burgfräulein von Kumamoto.

Kagoshima

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Kagoshima liegt am südlichen Ende der Insel Kyushu, also direkt ‚unterhalb‘ von Südkorea. Die Stadt hat zwar keine umwerfenden Tempelanlagen zu bieten, aber das muss sie für uns auch gar nicht. Davon ist in unseren bisherigen Stationen ja nun kein Mangel gewesen.

Es ist eine sehr unaufgeregte Stadt am Meer, die uns dadurch die perfekte Gelegenheit bietet, selbst einmal etwas Tempo herauszunehmen.20151015-Kagoshima-Lumix-98
An der Hafenpromenade kann man einfach sitzen und dabei, wie Julia es gerade macht, ein Fußbad in warmen Wasser nehmen und gleichzeitig den Blick auf die gegenüberliegende Vulkaninsel (na ja -es gibt eine minimale Verbindung zum Festland) Sakurajima genießen.
20151014-Kagoshima-Nikon-13Der Vulkan ist durchaus aktiv und rülpst offenbar immer wieder Ascheregen in die Region. Den schwarzen Sand kann man hier dann auch tatsächlich häufig auf den Wegen sehen. Der „Beipackzettel“ zu Stadt und Insel klärt einen denn auch beruhigenderweise auf, mann müsse in solch einem Falle nicht in Panik verfallen -alles ganz normal…
Bei unserem Besuch auf der Insel gestern, sahen wir denn auch Schulkinder auf dem Nachhauseweg. Zur Schuluniform gehört dort offenbar standardmäßig ein Bauarbeiterhelm. Sehr beruhigend 😉
20151014-Kagoshima-Lumix-54Die Überfahrt mit der Fähre dauert keine zwanzig Minuten und ist sehr beschaulich. Angekommen, entschlossen wir uns einen Busservice zu nutzen, der einem eine einstündige kleine Rundfahrt ermöglicht. Erstmals in unserem Leben sind wir Bestandteil einer japanischen Reisegruppe und außer uns sind keine westlichen Touristen an Bord.
Tatsächlich ist alles sehr genau durchgetaktet: Es sind drei Stopps vorgesehen und der erste dauert fünf, der zweite sieben und der dritte 13 Minuten. Immer blättert der Chauffeur ein Schildchen um, auf dem die Uhrzeit für die Weiterfahrt präzise vermerkt ist: 16:21 zum Beispiel. Alle Fahrgäste sitzen selbstverständlich lange vor der Zeit wieder im Bus und selbst wenn noch Minuten bis zur angekündigten Abfahrt bleiben, werden die letzten Meter im Eilschritt zurückgelegt.
Leider ist der Feuerspeier nicht bereit ein Rauchzeichen von sich zu geben. Aber ein schöner Anblick ist er allemal.

Vor unserer Fahrt zum Vulkan hatten wir uns am Mittag an der Uferpromenade aufgehalten und stießen dabei auf ein Kanalsystem, in dem verschiedene Fische schwammen. Wir beobachteten große, schimmernde Goldmakrelen und liefen dann weiter an der Dolphin Bay, als wir tatsächlich und vollkommen überraschend größere Flossen aus dem Wasser ragen sahen.20151014-Kagoshima-Lumix-33
Delfine!

Zwei dieser richtig großen Tiere zogen elegant ihre Bahnen in einem Abschnitt des Kanals und wir beobachteten sie gebannt.
Erst etwas verzögert registrierten wir, dass just an jener Stelle Kagoshimas Meerwasseraquarium steht. Die Tiere gehören zum Aquarium, schwimmen aber im „Freien“ umher. Mehr oder weniger frei, denn ins Meer zurück können sie nicht.
Jedenfalls konnten wir sie aus nächster Nähe beobachten und ihre Synchronschwimmkünste bewundern. Es standen nur noch drei, vier weitere Personen um den Kanal, die das selbe taten wie wir, also gebannt schauen.20151014-Kagoshima-Lumix-37
Und dann, um halb eins, kam ein Mitarbeiter des Aquariums und stieg auf einen Ponton, der dort in dem Kanal liegt. Er fütterte die Tiere, nicht ohne sie dabei das eine oder andere Kunststück vollführen zu lassen. Das geschah einfach so. Sozusagen am Straßenrand und ohne viel Getöse.
Klar sind solche Bedingungen für die Tiere fragwürdig, aber die beiden Delfine zu erleben war dennoch sehr faszinierend und besser als in einem europäischen Delfinarium ist es allemal.
Darauf erst einmal ein paar Sushi! Und davon gibt es hier an der Promenade auch sehr leckere.

Sushi

20151014-Kagoshima-Lumix-75Abends gestaltete sich die Suche nach Essen dann aber etwas aufwändiger. Nicht, dass es nicht an jeder Ecke Restaurants geben würde.  Aber in unseren Köpfen hatten sich Nudeln manifestiert und wenn man mal welche braucht, dann findet man sie nicht. Alles mögliche wurde angeboten und oft wiederholten sich die Plastiknachbildungen der Speisen in den Auslagen der Restaurants. Aber Nudeln kamen nicht vor.
Wir durchkämmten das Amüsierviertel und ließen uns, als sich gerade die Automatiktüren einer der Spielhöhlen öffnete, vom Höllenlärm der aus dem Gebäude drang, aufsaugen und wurden hineingezogen in diese eigenartige Welt, die kaum etwas mit den Spielkasinos in Las Vegas gemein hat. Doch! Auch hier wird geraucht. Und auch hier sitzen die Menschen, bevorzugt Ältere, vor Automaten und füttern diese mit Geld. Das waren dann aber die Gemeinsamkeiten.
20151014-Kagoshima-Lumix-94Diese Automaten hier produzieren eine Kakophonie, die wir gerade mal zwei Minuten ertragen. Auf den Monitoren in den Geräten sind irgendwelche Zeichentrickfiguren zu sehen. Hektisch wird auf Knöpfe gedrückt, den Arm auf einer fest installierten Lehne abgelegt. Massenhaft strömen aus den Apparaten Goldkügelchen, deren Bedeutung sich uns so überhaupt nicht erschließt, denn immer wieder rollern Angestellte kleine Container mit tausenden davon durch die Gänge und, wir wissen es nicht, versorgen die Spieler entweder damit oder befreien sie womöglich davon.
Wir fliehen. Und werden endlich fündig -Nudeln, wenn auch mal wieder kalte, werden uns ausgesprochen freundlich und ohne jede Englischkenntnisse empfohlen und serviert. Sie sind in fast allen Variationen lecker. Gerettet!

Übrigens: Bei Euch zuhause gibt es ja offenbar den ersten Wintereinbruch. Hier macht sich zwar auch der Herbst bemerkbar, doch können wir nicht klagen -mit bis zu 25 Grad ist es am Tag sehr angenehm -zumindest hier unten im Süden Japans.
Wir legen ein paar Gedenksekunden ein…

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Vulkanbeipackzettel

Jazz und andere Eigenarten

Irgendwie scheinen die Japaner die größten Jazzfreunde überhaupt zu sein.
Egal, in welch einem Restaurant oder Imbiss man sitzt, aber auch im Supermarkt -im Hintergrund spielt mehr oder weniger leise Jazzmusik. Auch wenn man eine Musikhandlung betritt, so findet man recht große Jazzbereiche.
Ich bin ja schon seit Jahren ein großer Fan von Haruki Murakami und auch in seinen Büchern spielt Jazz irgendwie immer eine erwähnenswerte Rolle –er hatte übrigens selbst einmal eine Bar, in der –man ahnt es schon- Jazz gespielt wurde.

20151011-Nara-Nikon-23Es gibt hier so einiges, das einem als Besucher auffällt.
So auch zum Beispiel die Angewohnheit, bei Regen die Schirme beim Betreten eines Geschäftes nicht in einen Schirmständer zu stellen, sondern in eigens dafür bereitgestellte Plastikkondome zu schieben und diese dann bei sich zu tragen. Heute kam uns allerdings dann eine Alternative dazu unter, nämlich doch ein Schirmständer.
Aber der ist, nicht wie bei uns, irgend ein Eimer, sondern ein Gestell mit lauter individuell abschließbaren Abteilen, so dass klar ist: Meinen Schirm, den nimmt keiner mit, außer mir.
Also selbstverständlich nur dazu, um eventuelle Verwechslungen zu vermeiden! Wir fühlen uns hier sicher wie selten wo.

Das nächste ist die in Asien ja nicht so seltene Gewohnheit, in den Wohnhäusern nicht mit Schuhen herumzulaufen. Jeder zieht sie vor Betreten des Hauses aus und läuft strümpfig oder barfuß umher.
GH6Und weil das vor allem in Unterkünften mit gemeinsam genutzter Toilette nicht ganz so hygienisch wäre, stehen in den zumeist sehr eng gestalteten WCs dann immer ein Paar Schlappen bereit, die man eigens dort, und nur dort trägt.
Betritt man das Stille Örtchen, wird man des Öfteren von einem automatisch in die Höhe schnellenden Toilettendeckel und einer schön beheizten Klobrille begrüßt. Und wenn man sich traut, und ich trau mich, dann kann man diverse Knöpfchen drücken und sich der Wasserspiele erfreuen.

Hygiene ist sowieso etwas, das hier einen sehr hohen Stellenwert hat. Eigentlich ist immer alles sauber und gepflegt. Und auch, wenn man vom Boden essen könnte, so ist es den Japanern offenbar nicht vorstellbar, dass man seine Tasche oder den kleinen Tagesrucksack im Café oder im Restaurant auf dem Boden abstellt. Wozu auch? Es gibt an jedem Tisch einen oder mehrere kleine Körbe, in die das Gepäck verstaut wird und dann verschwindet es unter dem Stuhl oder dem Tisch.

20151004-Tokyo-Nikon-64Dann ist noch das hohe Automatenaufkommen zu erwähnen. Praktisch an jeder Häuserecke stehen mehrere Automaten in Reihe bereit und versorgen die Menschen gegen Bares mit allerlei Getränken, Essen aber auch mit Smartphones oder Überraschungseiern für Erwachsene.
Automaten dienen auch als Kassen, an denen man im Voraus, wie ja schon beschrieben, den Frisör oder aber auch in manchem Restaurant das gewünschte Essen bezahlen und damit zugleich auch bestellen kann.

20151005-Tokyo-Nikon-119Japan ist ja doch recht dicht bevölkert und das gilt natürlich vor allem für die Städte, so dass Platz knapp ist. Nun haben die Japaner aber nicht wie etwa in China üblich, alle kleinen Häuschen abgerissen und nur noch ein Hochhaus am nächsten aufgestellt, sondern es wird dort offenbar auf genau der Grundfläche, auf der eventuell mal ein traditionelles, einstöckiges Häuschen stand, nun ein Haus gebaut, das vielleicht drei, vier, fünf Etagen hat oder auch ein paar mehr. Die sehen dann meist sehr schmal aus, da das Grundstück eben klein, aber ehemals ausreichend geschnitten ist.
Tankstelle

Der Platzmangel und wohl auch die hohen Grundstückpreise, führen dann zu teils ungewöhnlichen Lösungen. So haben wir viele Tankstellen gesehen, auf denen keine einzige Zapfsäule steht, sondern nur zwei, drei Stellplätze für die Autos zu sehen sind. Tanken kann man da aber dennoch –die Zapfsäulen schweben nämlich weit über den Autos und sind am Dach des Überbaus befestigt. Von dort lässt der Tankwart den Tankschlauch herab und füllt das Benzin in den Wagen.

Wir sind schon auf die nächsten Eigenarten gespannt, denen wir hier noch begegnen und werden weiter berichten.