No’burg

Normalerweise planen wir unsere Reisen ja wenig und spät – für das südliche Afrika hatten wir aber eine grobe Route im Kopf. Von Namibia gen Süden Richtung Kapstadt und dann die Garden Route entlang.  Wir hatten sogar einen Reiseführer für Südafrika eingepackt. Aber – wir haben es gelassen und unser Visum in Namibia ausgereizt bis zum letzten Tag.

Tschüss wunderschönes Namibia!

Warum nicht ins schöne Südafrika? Ganz ehrlich – uns war von Tag zu Tag unwohler. Je mehr wir uns mit dem Land beschäftigt haben, je mehr Namibier und auch Südafrikaner uns darüber erzählt haben, desto mehr wuchsen unsere Vorbehalte. Vor allem, weil wir uns in Namibia einfach immer sicher gefühlt haben, sogar als uns der echte oder vermeintliche Polizist ins Hotel geleitete. Und Südafrika? Die Top three der Tipps lauteten: Um Gottes Willen nach Sonnenuntergang nicht anhalten an roten Ampeln – die Räuber lauern nur drauf. Auf gar keinen Fall durch bestimmte Wohngebiete fahren (aber was, wenn uns das Navi da hin führt?). Und ja nicht abends durch die Straßen laufen. Nein, das wurde uns irgendwann zu viel. Den endgültigen Ausschlag gaben dann aber die Meldungen über „Load Shedding“. Wir hatten bisher immer gedacht, das sei ein ausschließlich nepalesisches Phänomen, dieses täglich stundenweise Abschalten der Elektrizität. Aber Südafrika toppt hier alles. Seit Jahren und mittlerweile 12 Stunden am Tag kein Strom. Und jetzt haben sie sogar den Katastrophenzustand ausgerufen, wegen dieses selbstgemachten, auf Korruption und Missmanagement beruhenden Desasters.

Im Etosha-Nationalpark treffen wir ein älteres südafrikanisches Ehepaar, die uns noch mehr über ihr Land erzählen. Dass keines ihrer Kinder die Chance hätte, in ihrer Heimat zu studieren, weil nur noch eine winzige Zahl von Weißen an den Universitäten angenommen würde. Manch einer reibt sich vielleicht die Hände, bätschi-bätsch, während der Apartheid war’s grad andersrum, aber macht das ein Land auf Dauer zukunftsfähig? 

Sie berichten von 70 km langen LKW-Staus in ihrer Heimatstadt ganz im Osten Südafrikas, weil die Bahnstrecke gesprengt wurde, um den Fuhrunternehmern mehr Geld in die Kassen zu spülen. Warnen eindrücklich vor Johannesburg. Fragen uns, ob man das mit dem im Oktober 2022 erschossenen deutschen Touristen im Krüger Nationalpark in Deutschland mitgekriegt hätte. Und grämen sich, als wir sagen ja, das war in allen Zeitungen. 

Farmer Jansen in der Kalahari berichtet ähnliches, sein Sohn musste nach „Jo’burg“ reisen und Papa ist in Sorge. Jo’burg scheint ein echtes No’burg zu sein. Blickt man in die einschlägigen Reiseforen, machen sich die angeblichen Südafrikaprofis über alle Bedenken lustig. Bauer Jansen, der selbst länger in Südafrika lebte, sagt, die würden sich nur deswegen sicher fühlen, weil sie einfach nicht wüssten, welche Gefahren um sie herum existieren.

Wie dem auch sei, uns hat es Südafrika verleidet. Nach den wunderschönen Erfahrungen und Erlebnissen in Namibia soll die Erinnerung perfekt bleiben. Also fliegt Südafrika vorerst von unserer Liste. Bis auf eine Nacht. Denn ohne Stopover kommen wir nicht weiter und das verruchte „Jo’burg“ ist einfach die Drehscheibe hier. Also suchen wir nach einem flughafennahen Hotel mit Abholservice. Und finden es mit dem wirklich sehr empfehlenswerten One O Eight Boutique Hotel, das unseren Abstecher zu einem luxuriösen Vergnügen zum Schnäppchenpreis macht. 

Der ultrakurze Eindruck, den wir von  Südafrika bekommen, ist ein ganz und gar positiver. Eine sehr humorvolle Crew auf unserem kurzen Flug mit South African Airways, hervorragendes Essen, eine wirklich witzige Chauffeurin, eine perfekte Unterkunft (mit Generator) und das beste Frühstück unserer Reise. Also, wenn sie wenigstens das mit dem Strom in den Griff bekommen, dann machen wir vielleicht noch mal einen Anlauf.

Kurzer Kleiderwechsel oder Fake? 🙂

Eigentlich unfassbar, dass sich Namibia seit der Unabhängigkeit von Südafrika so viel besser entwickelt hat als das Mutterland der Apartheid. Die die Südafrikaner natürlich auch nach Namibia exportiert hatten. Nah ist die einstige Besatzungsmacht noch immer: der namibische Dollar ist an den südafrikanischen Rand gekoppelt und überall in Namibia kann man mit beiden Währungen zahlen. Ein Großteil der Produkte in namibischen Supermärkten stammt, wenn die Waren nicht aus Deutschland kommen, aus Südafrika. Aber alles in allem hatten wir den Eindruck, dass sich Namibia emanzipiert hat vom südlichen Nachbarn und selbstbewusst einen eigenen Weg eingeschlagen hat, der eben nicht auf Korruption und Klüngelei aufbaut. Die Grundversorgung scheint hier gut zu funktionieren, Nachhaltigkeit wird groß geschrieben und zumindest Farmer Jansen ist sehr glücklich, dass sich seine Vorfahren irgendwann aus Südafrika verabschiedet und ihr Glück in Namibia gesucht und gefunden haben. Da können wir ihn gut verstehen.

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