Genießen in Buchara

Es warten noch weitere Wunder auf uns in Usbekistan, da sind wir uns sicher, und deswegen verlassen wir das schöne Chiwa nach vier Tagen wieder. 450 Kilometer durch die Wüste bis nach Buchara, immer entlang der turkmenischen Grenze, mit unserem privaten Taxi für 35 Euro. Aber bevor die Reise richtig losgeht, erst mal ab zum Tanken. In Usbekistan wird viel mit Gas gefahren, wir nähern uns der großen Tankstelle mit der Aufschrift „Methan“, da stoppt der Fahrer an einem Wartehäuschen und bittet uns, hier auf ihn zu warten. Und wir sind nicht die einzigen, die hier abgesetzt und später wieder aufgelesen werden. Gastanken in Usbekistan scheint gefährlich zu sein, Fabiano hatte uns am Vortag bereits erzählt, dass es gerne mal zu Explosionen dabei kommt und daher nur die Fahrer in die Tankstellen fahren dürfen. Wenns dann bumm machen sollte, wäre nur ein Opfer pro Fahrzeug zu beklagen. Dann hoffen wir mal, dass wirklich nur das Tanken bei diesen Fahrzeugen explosionsgefährdet ist. Die Straße ist in keinem guten Zustand, wir holpern mit unserer kleinen Gasbombe im Kofferraum in sportlichem Tempo über den löchrigen Asphalt und unser Fahrer bremst nur ab, wenn sein Radarwarngerät anspringt. Bis zu 300 Dollar, mehr als ein Monatsgehalt, können für Geschwindigkeits-übertretungen fällig werden und dazu der Ärger mit der hier sehr gefürchteten Polizei. Irgendwann geht die holprige Straße in eine recht gute Autobahn über, die wir fast für uns alleine haben. Links und rechts Wüste so weit wir schauen können. Wochenlang haben die Karawanenreisenden nichts anderes gesehen als diese kargen Sandhügel mit Dorngestrüpp. An einer kleinen Raststätte halten wir, „Border“ steht auf einem Schild und bitte auf keinen Fall Photos machen. Da drüben liegt also Turkmenistan, ein Land, von dem ich keinerlei Vorstellung habe. Aber wer weiß, wir kriegen ja gerade erst richtig Lust auf Zentralasien.

Am späten Nachmittag erreichen wir Buchara. Die historische Altstadt ist autofrei, so laufen wir die letzten Meter zu unserem Hotel, in dem wir herzlich mit Tee und Süßigkeiten empfangen werden. Eine altes Kaufmannshaus mit hübschem Innenhof und blitzblanken Zimmern. Bei unserem ersten Spaziergang durch die Altstadt fremdeln wir etwas – auf dem zentralen Platz der Altstadt ist usbekisches Remmidemmi, große Gruppen, laute Musik, viele Stände mit Touristenramsch. Kurz sehnen wir uns ins ruhige Chiwa zurück.

Am nächsten Morgen zeigt sich Buchara dann aber von seiner spektakulären Seite und alles ist wieder gut. In den überkuppelten Basaren stellt sich rasch das Seidenstraßen-Feeling wieder ein. Wir laufen zum prachtvollen Platz am Kalon-Minarett, auf dem sich die Kalon-Moschee und eine Medrese gegenüberstehen. Wieder so ein Anblick, der fassungslos macht. Die riesigen Portale, prachtvoll verziert, die prunkvollen Innenhöfe, so viel Schönheit. Eigentlich kann man es kaum beschreiben, deswegen lasse ich mal wieder Erics schöne Bilder sprechen.

  

     

Vor der Moschee sprechen uns vier Jungs an, der kleinste vielleicht gerade 10, der älteste wahrscheinlich 15. Sie würden für die Englischprüfung lernen und möchten sich unterhalten. Das passiert uns hier immer mal wieder, die Leute sind so freundlich, so interessiert, möchten unbedingt wissen, woher man kommt und wie man Usbekistan so findet. Und möchten zum Schluss ein gemeinsames Photo. In Indien wurde mir ja schon manch ein Kleinkind in die Arme gedrückt für’s Familienalbum, aber da ging es tatsächlich meist ums Bild mit der exotischen Europäerin. Hier scheint das Photo eher die Erinnerung an ein freundliches Gespräch festhalten zu sollen. Wir finden ein stimmungsvolles Teehaus, kühl und schattig, in dem wir zu einer Kanne sensationellem Kräutertee kleine Teller mit orientalischen Süßigkeiten bekommen. Es ist Nebensaison, eigentlich schon ein wenig zu heiß, aber auch deutlich touristenärmer. So bekommen wir überall dort Platz, wo es schön aussieht, und die volle Aufmerksamkeit der freundlichen Bedienungen. Das jüdische Viertel von Buchara ist voll von geschmackvoll renovierten Restaurants und Hotels. Aber nichts ist so spektakulär wie das Restaurant Aivan. Versteckt im Innenhof eines Hotels ist der Speisesaal der schönste, in dem ich je gegessen habe. Man kann sich kaum satt sehen an den prachtvoll dekorierten Wänden, der hohen Holzdecke, den Antiquitäten, die in den kleinen Wandnischen Platz gefunden haben. Wir sitzen in bequemen Clubsesseln, speisen ganz hervorragend und sind viel zu leger angezogen für dieses traumhafte Ambiente. Trotzdem erreicht die Rechnung am Ende dieses wunderbaren Abends keine 20 Euro. Aber auch weniger exquisite Lokalitäten werden wir so schnell nicht vergessen. Wir schlendern durch einen Park, vorbei an einem Mausoleum und kommen zu einem kleinen See. An seinem Ufer ein ganz einfaches kleines Restaurant, mehrere Tapchans unter schattigen Bäumen. Wir bestellen Tee bei der freundlichen alten Dame und liegen fast eine Stunde auf dem gemütlichen Hochbett, beobachten die Menschen, lesen und fühlen uns sehr wohl. Genauso wie am nächsten Tag auf einer Bank vor der reizenden kleinen Char Minar mit ihren vier blauen Türmchen, mitten in einem Wohngebiet.

Buchara hat viele Sehenswürdigkeiten zu bieten, die große Festung Ark, die vielen Medresen und Moscheen, die Basare. Die Hauptattraktion sind für uns aber die schönen Unterkünfte, Restaurants und Cafés. Sie machen es sich sehr schön, die Usbeken, und sie haben eine sympathisch-geruhsame Lebensart. Davon demnächst mehr.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert