PLASTIK!

Jetzt bin ich ja eigentlich der amerikanischen Lebenskultur nicht ganz abgeneigt und belächele das in Deutschland durchaus verbreitete teilweise reflexartige Verdammen von allem, was aus den USA kommt. Auch sind wir bestimmt keine Umweltengelchen mit unserer Fliegerei und den vielen gefahrenen Meilen gerade hier in Amerika. Aber dieser unfassbare Verpackungswahn geht mir doch langsam ziemlich auf den Geist. Das geht schon mit der morgendlichen Tasse Kaffee im Hotelzimmer los, den aufgeschäumten Plastikbecher von der Plastikfolie befreien, Tüte aufreißen und Plastikeinmalfilter entnehmen, Tüte aufreißen und Kaffeepad entnehmen, Tüte aufreißen und Creamertüte entnehmen, Rest (Zucker, Süßstoff, Serviette, Plastikumrührer) wegschmeißen und dann schmeckt der Kaffee grad nicht, weil das Wasser eine heftige Chlornote hat. In Motels wird häufig ein „Continental Breakfast“ angeboten, das heißt, man kann sich neben der Rezeption in Plastikschüsseln zuckrige Cereals und Milch holen und vielleicht noch ein eingeschweißtes süßes Stückchen. Na ja, gut, um nicht ganz hungrig nach einem weiteren Frühstück Ausschau zu halten. Heute – dachten wir – wird alles anderes, haben wir doch in einem Best Western übernachtet und die Rezeptionslady gestern noch geschwärmt, sie hätten ein „Super Breakfast“. Also, extra den Wecker gestellt und voller Vorfreude den Frühstücksraum betreten. Und dann eine Plastikorgie, die einem fast den Appetit verdirbt. Die Rühreier und der Bacon sind alles, was unverhüllt dargeboten wird, aber der ganze Rest ruht unter Lagen von Kunststoff begraben. Marmeladen, Peanutbutter, Sirup, Joghurt, die Cereals in aufreißbaren Plastikschälchen, das „Obst“ als eingelegte Früchte in Plastikbechern, der Fruchtsaft genauso und als Krönung ist jede Toastscheibe einzeln in Frischhaltefolie eingepackt. Die „Butter“ ist irgendein Öl-Soja-Produkt mit „real Butter taste“ und als wir fragen, wie das denn mit dem Waffeleisen auf dem Buffet funktioniert, kommt die freundliche Dame mit einem Plastikbecher voller Teig und einer Sprühflasche aus der Küche zurück, nebelt den Waffelbäcker mit Sprühfett ein, gießt den Teig hinein (Becher in den Müll) und liefert uns danach eine Waffel nebst mehrerer Plastikportionen Sirup und Pseudobutter. Wir essen rasch und verschwinden schnell. Ich will jetzt nur noch in einen Supermarkt und einen großen Sack Äpfel kaufen. Der natürlich aus Plastik ist. Und an der Kasse werde ich großes Unverständnis ernten, wenn ich die Plastiktüte für die Plastiktüte Äpfel verweigere….

2 Kommentare

  1. … und noch mehr, wenn Du die Äpfel in eine der dargebotenen Papiertüten packst. Das habe ich damals ahnungslos viele male so gemacht, bis mich ein Freund über den tatsächlichen Verwendungszweck dieser dreieckig geformten Papiertüten aufmerksam gemacht hat. Das war dann auch die Erklärung für die komischen Blicke, die ich da geerntet hatte – Apfelschnaps in Fruchtform?

  2. … in california wird es dann sicher besser! gibt es da wo ihr jetzt seid keine wholefoods märkte? die find ich prima! viel frisches, offenes, gutes!
    liebe grüsse aus wien. susanne

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