Mississippi burning

Blues

Clarksdale-34Hatte ich geschrieben, wir seien keine Fans des Blues?
Gut, das war zu vorschnell.
Nach wie vor würde ich wohl normalerweise den Sender wechseln, wenn zwei Stücke in Folge gespielt würden.

Er hat den Blues
Er hat den Blues

Aber jetzt hier, in Clarksdale, Mississippi, so auf dem Land und in unserer auf vergammelt gestalteten Unterkunft (Shack Up Inn Google Maps), also hier, wo dann im Restaurant jeden Abend ein fertiger Typ nach dem anderen an seiner Gitarre zupft, da passt es doch wunderbar. Vielleicht trägt auch die Hitze bei, die wir hier endlich erleben. Jetzt haben auch wir beinahe 100 Grad, also tatsächlich so etwa 38 in Celcius.
Wir wohnen hier in einem Getreidespeicher aus silbern leuchtendem Wellblech, also eigentlich in der Tonne. Clarksdale-22Das Häuschen hat von lädierten Steckdosen, über Spinnweben, bis hin zu Urinflecken in der Toilette – alles, was man so von zuhause kennt 😁, nur selbstverständlich alles unecht 😃. Bei der Spüle musste ich tatsächlich mal an den gelblichen Stellen kratzen um zu sehen, ob sie nicht doch echt sind.
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Den guten Teil des heutigen Tages haben wir damit zugebracht zu versuchen, irgendwie an den nahebei fließenden Mississippi heran zu gelangen. Unser Einsatz war erheblich und auch Julias Entschlossenheit. Mit einer Karte auf meinem Handy, versuchten wir uns abseits der größeren Straßen heranzutasten und landeten dabei regelmäßig auf Schotter- oder Lehmpisten, wovon letztere wohl eher für Traktoren gedacht sind. Wir fuhren meilenweise an Baumwollfelder entlang und auch durch sie hindurch, und zum Schluss blieb der Mississippi doch unerreichbar.
Als wir dann endlich wieder festen, wenn auch flimmernden Asphalt unter den Reifen hatten, nahmen wir einen neuen Anlauf. Auf der Karte gab es einen Fleck am Ufer des großen Stroms, der wie ein kleiner Ort aussah. Und als sogar unser Navi einen Weg nach Friars Point ausspuckte, da wagten wir es doch noch einmal und wurden nicht enttäuscht.

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Nachdem wir durch den Ort, der wie verlassen und teilweise wie die Kulisse eines 50er Jahre Kleinstadtfilms wirkte, stellten wir unseren Jetta ab und gingen über einen kleinen Damm hin zum Wasser. Breit isser ja, der Mississippi. Viel war zwar nicht zu sehen, aber wir haben es geschafft. Julia streckte sogar eine Zehe hinein.Clarksdate-7 Clarksdate-8
Dann ging es zurück nach Clarksdale, wo wir uns erst einmal stärken mussten. Beim Gang durch die Stadt fallen die vielen verlassenen Geschäftshäuser auf. In einem Souvenirladen spreche ich den sehr redseligen, deutschstämmigen Eigentümer darauf an und er erklärt uns, dass bereits in den siebziger und achtziger Jahren viele jüdische Ladenbetreiber feststellen mussten, dass ihre Kinder, denen sie eine gute Ausbildung an fernen Unis Clarksdate-17ermöglicht hatten, gar nicht daran dachten zurückzukehren, um das elterliche Geschäft zu übernehmen, sondern 180 Grad anders dachten und handelten, nämlich die Läden schlossen und die alten Eltern zu sich holten.
Den Rest erledigte dann Wall Mart, der irgendwo außerhalb seine Pforten öffnete.
So ist die Stadt an einem Samstag Nachmittag wie ausgestorben und erwacht nur am Abend, wenn einige Bluesbars und Clubs ihre Tore öffnen.

2 Kommentare

    1. Neu gebaut und auf alt gemacht. Aber authentisch, auf anderen Plantagen standen die als Arbeiterwohnungen rum.
      Irgendjemand muss sehr viel Spaß dabei gehabt haben, die frischen Wände wieder einzusauen und am neuen Sofa den Bezug zu zerfransen. Sogar die Handtücher hatten stilechte Löcher.

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