Vientiane

Ich hatte mir einiges versprochen von Vientiane was die Atmosphäre angeht. Aber so richtig ist der Funke nicht übergesprungen. Das Tempo in Laos’ Hauptstadt ist äußerst gemächlich, es gibt wenig zu sehen und nicht mal die Lage direkt am Mekong schafft eine Besonderheit. Es ist ja nicht so, dass ich auf irgendetwas sensationelles aus gewesen wäre, ich wollte vor allem eine gute Atmosphäre und wäre dann gerne auch zwei oder drei Wochen geblieben. Aber hier ist irgendwie nichts davon und deswegen werde ich morgen in den Bus springen und weiter Richtung Süden fahren. Mensch Laos, jetzt streng Dich aber mal an!
Der Flug war jedenfalls sehr angenehm und laotisch-gemütlich, ein kleiner Flughafen, man spaziert selber von der Abflughalle zum Flugzeug, sonderlich hoch wird nicht geflogen, der ganze Flug dauert ja keine dreiviertel Stunde. In Vientiane dann das gleiche Bild, das Gepäckband mutet sozialistisch an und ruckzuck bin ich schon in der Stadt und in meinem Hotel. Und das ist ein absolutes Schnäppchen und außerdem auch noch blitzesauber. Und das kulinarische Angebot ist eine Überraschung, hier kann man sich durch ganz Asien essen, es gibt japanische, koreanische, malayische, indische oder vietnamesische Restaurants mit hervorragendem Angebot und wenn ich wollte, könnte ich mir auch eine leckere Pizza aus dem Steinofen genehmigen. Die Kernstadt besteht aus ein paar Regierungsgebäuden, einigen modernen Tempeln und ab und an einem Kolonialhaus. Die Uferpromenade ist auf den ersten Blick gar nicht als solche erkennbar, denn der Mekong hat sich bei Niedrigwasser – die chinesischen Staudämmer werden auch ihren Anteile daran haben – sehr weit zurückgezogen, fast könnte man trockenen Fußes ins gegenüberliegende Thailand spazieren. Die Abendstimmung ist freundlich, der wenig Wasser führende Fluss hat einen Strand entstehen lassen, Menschen gehen mit ihren Hunden spazieren und Kinder tollen im Sand. Romantik kommt trotz eines sehr schönen Sonnenuntergangs nicht auf, denn wenn’s dem Laoten zu stimmungsvoll wird, dann steigt er auf seine Jetski und donnert lärmend vor der untergehenden Sonne herum.


Am nächsten Tag miete ich mir ein Fahrrad und folge der im Reiseführer beschriebenen Tour. Die führt mich zu einigen Wats, die ganz nett sind. Das Highlight ist hier sicher der Wat Sisaket mit hunderten von Buddhafiguren, die ganze Anlage versprüht einen merkwürdig morbiden Charme, obwohl sie deutlich jünger als die Tempel in Luang Prabang ist. Hier herrscht jetzt wirklich mal eine sehr schöne Atmosphäre, ich lasse mir sehr viel Zeit, die Buddhafiguren auf mich wirken zu lassen und der bröckelnde Charme verleitet mich dazu, mal ein bisschen mit den Programmen meiner Kamera zu spielen.

       

Schon in Luang Prabang waren mir die Schilder aufgefallen, die eigentlich die ganze Stadt zur rauchfreien Zone erklärte. Und das setzt sich hier in Vientiane fort, ich befinde mich in einem „smoke-free temple“ und tatsächlich sieht man auf den Straßen bis auf ein paar Touristen so gut wie niemanden rauchen. Das haben sie echt gut hingekriegt.
Ich setze die Tour fort, aber der Tempel bleibt das Highlight. Die Straßen sind breit und teilweise dreispurig, aber der Verkehr ist so gemächlich, dass es überhaupt kein Problem ist, mit dem Fahrrad auch mal gewagte Abbiegemanöver zu unternehmen. Ich erreiche das Nationalmuseum und habe jetzt doch so lange getrödelt, dass es schon halb vier ist und das Museum in einer halben Stunde schließt. Ich gehe trotzdem rein, bei einem Euro Eintrittspreis kann ich ja noch mal wieder kommen. Die Ausstellung lässt sich auch in kürzerer Zeit bewältigen, die englischen Übersetzungen sind eigenwillig, aber eines wird mir deutlich: dieses Land hat seit Jahrhunderten gelitten, Siamesen, Franzosen, Amerikaner, alle haben hier zerstörerisch gewirkt. Die Siamesen haben die meisten Tempel zerstört, die Kolonialherren die Bevölkerung unterdrückt und die Amerikaner so viele Bomben abgeworfen, dass heute noch 80 Millionen Blindgänger im Boden versteckt liegen. In Vientiane gibt es ein Prothesenmuseum, das spare ich mir.
Tja, jetzt habe ich Vientiane gesehen. Die morgige Busfahrt wird mich mindestens sechs Stunden über Land führen und ich hoffe auf einen Bus mit verträglichen Temperaturen und ohne kreischend laute Videos. Wenn mein Ziel Thakhek mich nicht sofort in seinen Bann schlägt, reise ich am folgenden Tag weiter nach Savannakhet, immer auf der Suche nach einem freundlichen Ort, der einen gefangen nimmt und an dem es sich ein paar Tage gut aushalten lässt. Das kann gar nicht sein, dass das hier nicht gelingt!

 

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