Déjà vu

Eric und ich waren vor vielen Jahren bereits einmal in Luang Prabang, das ist mindestens 15 Jahre her und wir folgten auf unserer Südostasienreise einer spontanen Idee. Auf einem Flugzeug von Bangkok Airways hatte Eric einen ungewöhnlichen Tempel entdeckt und beschlossen, sich den in echt angucken zu wollen. Und so machten wir damals einen kurzen Abstecher nach Laos.

Ich habe noch nie einen Ort erlebt, der sich trotz touristischer Beliebtheit zumindest architektonisch so gut wie gar nicht verändert. Hier ist alles noch beim Alten, selbst das schöne Hotel, in dem wir damals wohnten, sieht noch genauso aus wie vor 15 Jahren. Auf dem Nachtmarkt sind die stimmungsvollen Lampions elektrischen Glühbirnen gewichen und die Nebenstraßen sind besser befestigt – viel mehr hat sich im Stadtbild nicht verändert. Die Touristenschwärme – damals hatten wir immer mal wieder das Gefühl, die einzigen Besucher zu sein – dominieren das Stadtbild noch nicht völlig und haben auch einen guten Effekt: die Zahl der schönen Cafés und Restaurants ist gestiegen.

Ommm – I don’t care

Nach meiner ersten schlechten Übernachtungserfahrung finde ich ein schönes kleines Hotel in einem Holzhaus am Fluss. Was für ein Genuss nach dem Ärger am vorigen Tag. Aber, Ihr Lieben, Eure „Hilfreich“-Klicks haben meine gute Laune sehr befördert… Kleines Update gefällig? Der Eigentümer schrieb unter meinen Kommentar auf TripAdvisor „were I to respond, I too would seem neurotic“, also „würde ich antworten, würde ich auch neurotisch wirken“. Hat TripAdvisor wegen des unangemessenen Inhalts dann gelöscht, eigentlich schade, das beschreibt ihn so wunderbar…

Also, ab jetzt habe ich es nur noch mit netten Menschen zu tun. Luang Prabang ist klein, der Kern mit den wunderbaren Klosteranlagen und der französischen Kolonialarchitektur zu Fuß locker machbar. Die Bauten sind unglaublich prächtig, überall leuchtet es golden, aber leider ist die Sonne hier so grell, dass man die volle Schönheit auf Photos gar nicht so gut einfangen kann.

Die geschachtelten, tief gezogenen Dächer der Wats und die wunderbare Kombination aus dunklen Rottönen und Gold machen die Anlagen absolut einzigartig. Sie sind voll in Betrieb, nachmittags um vier machen sie sich akustisch besonders bemerkbar, denn dann legt sich ein Teppich aus Trommelgeräuschen über die Stadt. Gegen halb sechs schallen die Gesänge der Mönche durch die Straßen und Besucher sind bei der Andacht im Tempel willkommen. Eine sehr schöne Einstimmung für den Abend, eine ruhige Stunde in einem der Tempel zu verbringen.

 

Danach dann ein kaltes Beerlao und ein leckeres Essen in einem der vielen guten Restaurants. Die Einflüsse der Nachbarn Thailand und Vietnam sind spürbar, aber die Küche ist doch eine ganz eigene. Auf dem Nachtmarkt wird man locker für knapp zwei Euro satt: riesige Buffets mit Gemüse- und Currygerichten und allerlei Gegrilltes am Stiel – sehr lecker. Oder man lässt sich an einem der langen Tische nieder, hinter denen Nudelsuppen zubereitet werden, auf Wunsch scharf wie in Thailand und mit vielen Kräuter wie in Vietnam. In klassischen Restaurants gibt es unglaublich raffinierte asiatische Leckereien – geräucherte Auberginenpaste, gegrillter Bambus mit frittiertem Thaibasilikum, Papayasalat, gebratene Pilze mit Kaffirlimettenblätter und Cocos – das ist eine sehr sehr feine asiatische Küche mit intensiven Aromen und ungewöhnlichen Geschmackserlebnissen. Tagsüber trifft man überall auf französische Einflüsse, die Kolonialzeit dauerte 60 Jahre und das Baguette, die Croissants und die Chaussons aux Pommes sind hier genauso präsent und genauso lecker wie in Paris. Überhaupt scheinen sich die Stilsicherheit der Laoten und der Franzosen hier wunderbar zu ergänzen, Cafés und Hotels im Indochine-Stil sind eine Augenweide.

  

Nur durch Kleinigkeiten wird man immer mal wieder daran erinnert, dass Laos noch ein Entwicklungsland ist. Der Stöpsel im Waschbecken lässt sich nicht bewegen, das Wasser dadurch nicht abfließen. Der nette Manager erklärt, dass es sich bei Armatur und Stöpsel um „different companies“ handeln würde und hebelt den Stöpsel pragmatisch einfach ganz raus. Es gibt einen Fernseher (nicht, dass ich hier irgendwie auf Fernsehen aus bin), aber irgendwie keine Programme, einen Wasserkocher, dessen Stromkabel vom Tisch nicht bis zur Steckdose reicht, einen Kühlschrank, der nur laufen kann, wenn man im Zimmer ist, weil nur dann die Stromversorgung funktioniert. Alles wirklich kein Problem und irgendwie ganz sympathisch, Laos ist eben nicht Singapur.

 

Die Altstadt von Luang Prabang liegt auf einer Halbinsel, die vom Mekong und seinem Nebenfluss Nam Khan umflossen wird. Es herrscht Niedrigwasser, den Nam Khan kann man noch auf provisorischen Bambusbrücken überqueren. Der Blick auf den Mekong ist absolut beeindruckend, vorallem vom Berg Phousi aus, dessen Stufen ich erklettere, um den Sonnenuntergang zu genießen. So wenig die Touristenmassen sonst auffallen – hier sind sie alle… Viele Europäer und Amerkaner, durchaus auch Australier und viele Chinesen, die meine Vorurteile wieder heftig nähren – laut, unfreundlich und fordernd erlebe ich sie. Und immer mal wieder Südkoreaner und ich beschließe, dass ich da unbedingt einmal hin muss. So freundlich, so lustig, so nett. Die Gespräche sind zwar kurz, weil sie meist nicht besonders gut englisch sprechen, aber von großer Herzlichkeit getragen. Leider ist es dort gerade noch viel zu kalt, sonst wäre das mein nächstes Ziel gewesen.

Ein einsamer Sonnenuntergang?
Nö….

 

Den Abend beschließe ich meist mit einem Spaziergang über den Nachtmarkt, der jeden Abend auf der Hauptstraße aufgebaut wird. Die schönen Schals, die ich damals in größeren Mengen gekauft hatte, sind leider nur noch selten aus Seide und sicherlich auch keine Handarbeit mehr. Die Stimmung ist aber immer noch entspannt und wenig aufdringlich. Und ganz besonders nett wird es, wenn man wieder in Richtung der Klöster geht. Die Pauschalgruppen sind zurück in ihre großen Hotels außerhalb der Innenstadt, die Backpacker in ihre Partymeile und hier gibt es nur ein paar kleinere Hotels (zum Glück auch meins). Am späteren Abend scheint der Ort hier wieder den Laoten zu gehören, beim Schlendern durch die dunklen Straßen werde ich freundlich gegrüßt, auch eine sehr schöne Atmosphäre.

Aber trotz allem zieht es mich weiter. Vielleicht gerade weil mir Luang Prabang so bekannt vorkommt. Ich fliege morgen nach Vientiane und schaue mal, was die größte Stadt von Laos zu bieten hat. Ich weiß zwar, dass Luang Prabang das touristische Highlight ist, aber ich möchte mehr sehen von Laos. Also noch ein entspannter Abend bei den Mönchen im Wat, ein feines Nudelsüppchen auf dem Nachtmarkt und dann ab in die Hauptstadt.

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